Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen

Eine wahre Geschichte von Menschen und ihrem Lebensraum – im Wandel der Zeit

Projektstart: 01.10.2015
20201102_134719-01.jpeg

Mit dieser Freiluftausstellung möchten wir dem interessierten Leser einen Überblick über die wechselvolle Stadt- und Industriegeschichte Lübbenaus geben. Sie vermittelt lebendige Zeitgeschichte, die sich in den verschiedenen politischen Systemen widerspiegelt, erzählt, wie die  Menschen in Lübbenau lebten und leben und möchte zum Nachdenken über den Lauf der Geschichte anregen. Wenn Sie interessiert sind, besuchen Sie das Energiefeld in Lübbenau - tagsüber oder bei nächtlicher Beleuchtung! Hier haben Sie die Möglichkeit neben der Ausstellung auch einen Blick auf verschiedene Kunstwerke zum Thema Energiewandel zu werfen!

Aus Lübbenau in die Welt

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Postkarte Lübbenau ohne Jahr

Lübbenau wurde im Jahre 1315 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. In seiner wechselvollen Geschichte entwickelte es sich vom Ackerbürgerstädtchen zum bedeutenden Industriestandort und beliebten Ausgangspunkt für Ausflüge in den Spreewald. Diese Ausstellung konzentriert sich auf einen besonderen Abschnitt der Lübbenauer Geschichte: Sie erzählt von der Entwicklung zum führenden Energiestandort der DDR, ausgehend vom Kohlebergbau über den Bau des Kraftwerks bis hin zur Entstehung der Neustadt. Wir möchten Sie einladen, uns auf einer über 150-jährigen, besonderen Reise in die Stadtgeschichte zu begleiten.

Das eiserne Zeitalter

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Reiseprospekt Spreewald-Führer ohne Jahr

Die erste Eisenbahn in Deutschland fuhr im Jahr 1835 zwischen Nürnberg und Fürth. Damit war ein neues Zeitalter eingeläutet, das etwa dreißig Jahre später auch die Wege von und nach Lübbenau schneller und kürzer machte. Mit der Eröffnung der ersten Strecke Berlin-Görlitz im Jahr 1866 spielte die Eisenbahn eine entscheidende Rolle in der Stadtgeschichte Lübbenaus und trug wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt bei.

Energie ist der Motor

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Bau der Kühltürme 1959

Vom großen Industriebetrieb bis zum Einpersonenhaushalt, von der riesigen Dampfwalze bis zur kleinen Küchenlampe – Energie ist die Triebfeder für jede Volkswirtschaft und Gesellschaft. Vor der umfassenden Aufgabe der ausreichenden Energiegewinnung stand auch die DDR und musste die vorhandenen und leicht nutzbaren Rohstoffvorkommen erschließen. Die heimischen  Braunkohlevorkommen um Lübbenau bildeten eine wichtige Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung der DDR.

Ein idealer Standort

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Bei der Grundsteinlegung

Eine entscheidende Voraussetzung, um die gesteckten Ziele des Kohle- und Energieprogramms der DDR zu erreichen, war der Bau von leistungsstarken Kraftwerken. Der damalige Erste Sekretär des Zentralkomitees der SED, Walter Ulbricht, kündigte auf dem V. Parteitag 1958 in seinem ehrgeizigen Wirtschaftsprogramm an: „Im dritten Planjahrfünft werden wir zwei hochmoderne Kraftwerke, Lübbenau und Vetschau, aufbauen. Das sind die größten Kraftwerke auf Braunkohlebasis.“

Im Mittelpunkt: Das Kraftwerk

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Kraftwerk, Luftbild 1975

Mit dem Bau des Kohlekraftwerkes entstand auch ein neues, weithin sichtbares Erkennungszeichen in Lübbenau: Sieben Schornsteine, jeder mit einer Höhe von 140 Metern, markierten den Bau am Rande der Stadt. Auf der riesigen Baustelle waren in Spitzenzeiten bis zu 4.000 Beschäftigte im Einsatz, die dazu beitrugen, das damals modernste Kraftwerk der DDR zu errichten. Parallel dazu begann bereits 1959/60 das nächste Großvorhaben in der Nähe – der Bau des Kohlekraftwerkes in Vetschau

  • Mai 1957: Beginn der Schachtarbeiten für das Kraftwerk I

  • 17.12.1959: Der erste Block geht ans Netz

  • 17.12.1960: Der 6. Block wird mit dem Netz verbunden.

  • 1958: Parallel zu Werk I wird mit dem Bau von Werk II begonnen

  • Sommer 1963: Inbetriebnahme des 12. und letzten Blockes in Werk II

  • 2.10. 1964: Das Werk III und damit das gesamte Lübbenauer Kraftwerk sind vollendet.

Der laufende Betrieb

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Wasserprobenentnahme 1988

Die Lebenszeit des Kraftwerks war gekennzeichnet durch Stromerzeugung, Instandsetzung, Störungsbeseitigung sowie dem Erhalt und der Modernisierung der Anlagen. Aber nicht nur die wirtschaftlichen Bedingungen stellten die Betreiber vor immer neue Herausforderungen. Auch äußere Faktoren wie z.B. das Wetter konnte die Betreiber auf ernsthafte Proben stellen: Mit dem starken Wintereinbruch 1978/79 brachen Schienen, auf denen die Kohle ins Werk gebracht wurde, die Anlagen funktionierten nicht mehr und ganze Blöcke mussten vom Netz getrennt werden. Im Jahr 1996 wurde die Anlage komplett stillgelegt, da auch der hohe - unsichtbare - Ausstoß an Schwefeldioxid nicht den geltenden Umweltschutzauflagen entsprach.

Der Steiger kommt

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Erster Kohlezug aus dem Tagebau Schlabendorf-Süd 1976

Die Rohbraunkohle aus den Tagebauen Schlabendorf und Seese war der energetische Motor für das Kraftwerk Lübbenau. Das am 1. Januar 1959 gegründete Braunkohlewerk „Jugend“ (BKW) spielte bis 1990 eine entscheidende Rolle für die Energieversorgung der DDR. Die hier geförderte Rohbraunkohle konnte sowohl wegen ihres Asche- und Schwefelgehaltes als auch wegen eines hohen Anteils an nicht zu Kohle umgewandelten pflanzlichen Rückständen (Lignite) nur als Kesselkohle für die Wärmekraftwerke genutzt werden.

Die Lausitz versetzt Berge

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Kohlegewinnung Eimerkettenbagger

Die Gewinnung von Braunkohle ist ein tiefer Eingriff in die Landschaft und in die Lebensverhältnisse ihrer Bewohner. Da die Kohle nur im Tagebau gewonnen wird, wandert der Abbau im Laufe der Jahre und es wird die Umsiedlung ganzer Ortschaften notwendig. Im Bereich der Tagebaufelder Schlabendorf und Seese waren über 2.000 Bewohner davon betroffen. Die Umsiedlung ist eine der größten Herausforderungen, die mit dem Braunkohlenbergbau verbunden sind, da es nicht nur um finanzielle Entschädigungen geht, sondern auch um ideelle Werte.

Eine neue Stadt entsteht

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Roter Platz

Parallel zum Bau des Kohlekraftwerks wurde es notwendig, neue Wohnungen in Lübbenau zu errichten. Die Einwohnerzahl Lübbenaus stieg binnen zwölf Jahren von knapp 8.500 Menschen im Jahr 1958 auf  über 22.000 im Jahr 1970 an. Für die vielen Montagearbeiter auf der Baustelle sowie später für die wachsende Belegschaft des Kraftwerks und des Braunkohlewerks wurde Stück für Stück die Lübbenauer Neustadt gebaut.

Aus dem Leben erzählt

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Gaststätte Turbine

Im Rapportbuch „Frauen im Kraftwerk und in der Kohle 1957 bis 1996“ erzählen Bewohnerinnen den beiden Autorinnen Petra Clemens und Simone Rauhut aus ihrem Leben in der Neustadt. In diesen Interviews wird der Alltag und ein besonderes Lebensgefühl deutlich, auf das viele ehemalige und heutige Bewohner immer wieder zu sprechen kommen. Die Neustadt war eine ganz neue Stadt und die Bewohner fühlten sich auf besondere Weise mit ihr verbunden.

„...Damals, als wir hierhergekommen sind, waren alle gleich alt, im Arbeitsleben, in der Hausgemeinschaft. Dadurch war vielleicht wahrscheinlich auch der ganze Zusammenhalt, weil man einfach dieselben Interessen hatte. Und wenn man irgendwo war, zu Silvester oder Karneval, wo auch immer – man hat sich immer wieder getroffen, und auch im Betrieb.“

 (Frau K., Jahrgang 1940, S. 89))

„Wir haben circa eineinhalb Jahre in der Zwischenbelegung gewohnt. Erst hatten wir nur ein Zimmer. Später als unser zweites Kind geboren wurde, haben wir ein Durchgangszimmer dazu gekriegt. ...Tja, die Zwischenbelegung – das war schon manchmal stressig. In einer Wohnung wohnten mitunter drei oder vier Parteien. Und es war nicht immer so, dass sich jeder so eingefügt hat...“ (Frau I., Jahrgang 1941, S. 87/88)

Eigentlich habe ich zu Lübbenau ein gutes Verhältnis. Ich bin hier groß geworden und kenne die Stadt, die Umgebung, das Kraftwerk und das alles sehr gut. …. Man hatte eigentlich viele Möglichkeiten. Man war jedes Wochenende auf Achse, mehr oder weniger. Und ´nen Freundeskreis hat man ja auch aufgebaut. … (Frau Z., Jahrgang 1949, S. 90)

Alles auf Anfang

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Rückbau Hochhaus Otto-Grothewohl-Straße

In seiner Entstehungsphase galt das Kraftwerk Lübbenau als eines der modernsten Braunkohlekraftwerke der DDR. 37 Jahre später waren die Anlagen aufgrund fehlender Investitionen ineffizient und technisch veraltet. Vor allem strengere Umweltauflagen, um den immensen Ausstoß von Staub und Kohlendioxid zu verringern,  konnten nicht umgesetzt werden.  Nur mit einer Ausnahmegenehmigung wurde der teilweise Weiterbetrieb bis Mitte 1996 gesichert.

Eine Stadt im Aufbruch

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Beginnender Wohnungsleerstand Robert-Schumann-Straße 1995

Mit der Stilllegung der Kraftwerke Lübbenau und Vetschau traf die umliegenden Braunkohlentagebaue das gleiche Schicksal. Tausende Kraftwerker und Bergleute verloren ihre Arbeit. Die wirtschaftliche Lage vieler Einwohner Lübbenaus verschlechterte sich zusehends, die einst dynamische Entwicklung Lübbenaus kam zum Erliegen. Viele verließen Lübbenau, um an anderen Orten Arbeit zu finden. Die Einwohnerzahl der Stadt sank dramatisch von 20.700 (1970) auf 11.893 (2014). Eine ganze Stadt musste sich neu aufstellen und andere, innovative Konzepte entwickeln, um zu neuer Stärke zu finden.

Ab 1999 beschritten die WIS Wohnungsbaugesellschaft im Spreewald mbH, die GWG Gemeinschaftliche Wohnungsbaugenossenschaft der Spreewaldstadt Lübbenau e. G. und die Stadt Lübbenau/Spreewald mit dem integrativen Kooperationsprojekt LÜBBENAUBRÜCKE einen neuen Weg. Das gemeinsame Handeln ermöglichte innovative städtebauliche und wohnungswirtschaftliche Projekte, die im Rahmen einer beispielhaften Stadtentwicklung realisiert wurden. Entscheidend war dabei, die Bürger und Institutionen von Anfang an in den Prozess mit einzubeziehen und so einen Veränderungsprozess in Gang zu setzen, der von allen getragen wurde.

Das Miteinander zählt

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
Sanierte Gebäude mit großzügigen Außenflächen

Bevölkerungsrückgang, leerstehende Häuser und marode Infrastruktur – Lübbenau stand in den 1990er Jahren, wie viele andere ostdeutsche Städte, vor großen städtebaulichen Herausforderungen. Aber die Stadt ließ sich durch die komplexen Aufgaben nicht entmutigen, sondern initiierte einen umfassenden Stadtumbauprozess. Zur Grundlage der Veränderung wurde das erste integrierte Stadtumbaukonzept (INSEK) aus dem Jahr 2002. Dieser "Leitfaden" schuf die Grundlage für das gemeinsame Handeln bis heute.

Eine Stadt als Vorbild

Freiluftausstellung Tagebau-Kraftwerk-Wohnen
11 Lübbenauer Viertel spielerisch kennenlernen

Das Ziel der LÜBBENAUBRÜCKE lag von Anfang darin, nicht nur die professionellen Akteure (z.B. Wohnungswirtschaft) einzubinden, sondern auch die Bürger Lübbenaus anzusprechen und zu aktivieren. Damit wurde eine positive, gesamtstädtische Entwicklung möglich, die bei der Bevölkerung auf große Akzeptanz und Bereitschaft zur Mitwirkung stieß. Es entstand die gemeinsame Haltung: Lübbenau ist unser Zuhause und dafür setzen wir uns ein!