Wie kann sich eine Stadt in 30 Jahren verändern? Die Freiluftausstellung „30 Orte − 30 Bilder“ kann auf spannende Weise bei einem individuellen Stadtrundgang erlebt werden. Auf Bildern und Schautafeln, die an 30 Orten in Lübbenau zu betrachten sind, erfährt der interessierte Besucher wie sich die Spreewald-Stadt Lübbenau mit ihren Ortsteilen seit den späten 80ern verändert hat.
1. Vom Gericht zum Spreewald-Museum
Das 1850 errichtete Torbogenhaus schließt den Topfmarkt nach Westen hin ab. Es ist das wohl markanteste Gebäude des Platzes – nicht nur wegen des Kieferknochens eines Grönlandwals im Durchgang. In seiner Geschichte hatte das Haus schon viele Funktionen. Zunächst diente es als Verwaltungsbau. 1908 überließ die Stadtgemeinde Lübbenau das Gebäude der Preußischen Justiz, die es in den Folgejahren zum Königlichen Amtsgericht mit neun Gefängniszellen umbauen ließ. Nach 1945 wurde das Haus als Kreisgericht, Gefängnis und Polizeiwache genutzt. Die letzte Inhaftierung ist auf 1985 datiert. Seit 1999 beherbergt das Gebäude das Spreewald-Museum. In dem angrenzenden Neubau sind die Dampflokomotive und ein Waggon der einstigen Spreewaldbahn untergebracht.
2. Vom »Alten Rathaus« zur Eigentumswohnanlage
1910 zog die Lübbenauer Stadtverwaltung vom Torbogenhaus am Topfmarkt in ein damaliges Kaufhaus in der Mittelstraße 2. Es war eines der ersten Steinhäuser in Lübbenau. Für dessen Bau flossen, wegen der für den Brandschutz relevanten Steinbauweise, sogar Prämien. Das Haus war etwas versteckt und abseits vom städtischen Leben. Um den Zugang zum Rathaus ein wenig repräsentativer zu gestalten, errichtete man 1928 einen steinernen Bogen über die zum Rathaus führende Gasse. Fast 90 Jahre lang beherbergte das Gebäude das Rathaus. Zuletzt verschlechterte sich der Bauzustand so sehr, dass, der Überlieferung nach, der Bürgermeister in den morschen Dielenboden einbrach. Mit dem Neubau am Kirchplatz zog die Stadtverwaltung 1999 um, das alte Rathaus stand leer. 2006 wurde es für den Neubau einer Eigentumswohnanlage einschließlich der Nebengebäude abgerissen.
3. Von den Spreewald-Lichtspielen zum Rathaus
Schon seit 1919 fanden in dem ursprünglich zum »Deutschen Haus« gehörenden Nebengebäude regelmäßig Filmvorführungen statt. Nach einem Umbau eröffnete 1962 das Kino als »Spreewald-Lichtspiele« wieder seine Türen. Nun luden 450 gepolsterte Plätze zu einem Besuch ein. Die Filmrollen mussten in Calau abgeholt und beschwerlich per Bahn nach Lübbenau transportiert werden. Häufig fanden wegen der großen Nachfrage zwei Vorstellungen nacheinander statt. In seinen letzten Jahren wurde das Kino immer maroder, teils tropfte Regenwasser durch das Dach. Zudem änderte sich der Kinogeschmack der Besucher, sodass Ansprüche und Angebot immer weniger zueinander passten. Mitte 1992 gingen die Lichter im Kino für immer aus. 1995 wurde das durch einen Brand ruinierte Haus abgerissen. Anschließend wurde an dieser Stelle das 1999 eröffnete Rathaus errichtet.
4. Vom »Efeuhaus« zur Urlaubsresidenz Marstall
Der lang gestreckte, zweigeschossige Fachwerkbau war einst mit Efeu bewachsen, daher rührt sein Name. Er entstand in den Jahren 1744 bis 1746 am südlichen Ende des Schlossbezirks auf den Grundmauern eines Vorgängerbaus. Das »Efeuhaus«, das neben Schloss, Orangerie und Kanzlei die Schlosswiese umgibt, diente als Remise und Marstall. Im oberen Geschoss befanden sich zwei Wohnungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg zu sieben Mietswohnungen umgebaut, erfolgte eine Restaurierung Anfang der 60er-Jahre. Im Jahr 2009 wurde das erneut baufällige Gebäude grundlegend und denkmalgerecht saniert. Es erhielt seinen alten Namen »Marstall« und eine moderne Nutzung, mit Suiten und Appartements für Hotelgäste.
5. Von den Gärten Ernst-Thälmann-Straße zum Spielplatz »Spreewaldreich«
Nahezu idyllisch geht es auf diesem Bild von 1958 zu: Links die erst einige Jahre zuvor gepflasterte Ernst-Thälmann-Straße, gesäumt von blühenden Linden, rechts Gemüsegärten und Streuobstwiesen. In der Mitte ein festgetrampelter Fußweg mit Blick auf die Nikolaikirche. Fast wirkt es wie in einem Dorf. Dabei war und ist die Poststraße, wie sie inzwischen heißt, bis heute der Hauptzugangsweg für Touristen, die in die historische Altstadt unterwegs sind. Mittlerweile ist die Straße saniert und wird von Skulpturen der Spreewaldateliers gesäumt. Die früheren Gärten wurden mit der Zeit zu unbewirtschafteten Wiesen. Um den heutigen Anforderungen und den vielen Gästen der Stadt gerecht zu werden, wurden Parkplätze für die Altstadt errichtet. Ein spreewaldtypisch gestalteter Spielplatz lädt seit 2019 Jung und Alt auf 7.500 m2 zum Toben und Entspannen ein.
6. Vom »Spreewaldhafen der Freundschaft« zum Großen Spreewaldhafen Lübbenau
Als der Dichter Theodor Fontane vor 150 Jahren vom Lübbenauer Hafen in den Spreewald fuhr, ging es dort noch weitaus beschaulicher zu als heute. Immer wieder hatte der Landungsplatz zahlreiche Veränderungen erfahren. Vor allem steigende Touristenzahlen – Anfang der 70er-Jahre über 500.000 Gäste pro Jahr – machten 1973 eine Modernisierung notwendig. Später wurde der »Spreewaldhafen der Freundschaft« um ein Kahn-Abstellbecken (Ruhehafen) erweitert. Die Mehrheit der Touristen reiste damals mit Bussen und Bahnen an und pilgerte zu Fuß vom Bahnhof an den Hafen. Viele Fährleute arbeiteten im Kraftwerk oder Braunkohletagebau und fuhren nur am Wochenende oder in ihrem Urlaub den Kahn. 1998 wurde das alte Hafengebäude mit seinen kleinen Verkaufsbuden abgerissen und durch einen größeren Neubau ersetzt.
7. Vom Bahnhof zu >>Schlafen im Kunstwerk<<
Seitdem 1866 die Bahnstrecke zwischen Cottbus und Berlin eröffnet war, ist Lübbenau an das Eisenbahnnetz angebunden. Das damals entstandene Bahnhofsgebäude erfuhr im Laufe der Zeit Erweiterungen. Ein Tunnel führte zu den überdachten Bahnsteigen, zu denen man nur mit einer Bahnsteigkarte Zugang hatte. Zwischen den beiden Bahnübergängen zog sich früher ein Gewirr aus Gleisen, Weichen und hunderter Signale hin. Mit etwa 500 Beschäftigten war die Bahn – bis zum Bau des Kraftwerkes – der größte Arbeitgeber der Stadt. An den Wochenenden brachten oft mehrere Sonderzüge Ausflügler in die Spreewaldstadt. 1998 wurde der Bahnhofstunnel erweitert und verbindet seitdem Alt- und Neustadt miteinander. Das Empfangsgebäude gehört heute der Spreewelten GmbH, einer Tochter der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WIS. Sie betreibt hier ein Reisecenter und eine Pension mit von Künstlern individuell gestalteten Zimmern.
8. Vom Bahnbetriebswerk zum »GLEIS 3 Kulturzentrum Lübbenau«
Mit dem Bau eines Lokschuppens begann 1890 die Geschichte des Lübbenauer Bahnbetriebswerks. Weitere Gebäude wie Lager, Schmiede und der markante Wasserturm folgten. Nach dem Krieg spezialisierte sich das Werk auf Güterzüge – zunächst mit Dampf- und später mit Dieselantrieb. Lübbenauer Loks transportierten zum Beispiel Kohle aus den Tagebauen zu den Kraftwerken. Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Straße sowie das Ende des Kraftwerkes führten 1993 zur Schließung des Bahnbetriebswerkes. Mitte der 90er-Jahre kaufte die Stadt das Gebäudeensemble an der Schnittstelle zwischen Alt- und Neustadt schrittweise auf und baute es nach und nach zum »GLEIS 3 Kulturzentrum Lübbenau« aus. Die Bunte Bühne, der Kulturhof sowie die LÜBBENAUBRÜCKE warten hier heute mit vielfältigen Angeboten für Lübbenauer und Gäste auf
9. Vom Rummelplatz zur Grünanlage Energieweg
Wenn auf dem staubigen Platz zwischen Güterbahnhofstraße und Schillerstraße die Schausteller ihre Fahrgeschäfte öffneten, strömten Kinder und ihre Eltern in Scharen dorthin – mitunter gar in Sonntags-Ausgehkleidung. Riesenrad, Schaukel und Zuckerwatte bereiteten kleinen und großen Lübbenauern ein Vergnügen. Eine Fahrt mit dem Kettenkarussel kostete gerade einmal 20 Pfennig. Mehrmals jährlich machte hier bis in die 2000er-Jahre der Rummel Halt. Hin und wieder baute auch ein Zirkus seine Zelte auf. Heute ist der ehemalige Rummelplatz Teil des asphaltierten Energieweges, der vom Bahnhof in die Neustadt führt. Eine Freiluftausstellung widmet sich dem gesellschaftlichen Thema Energie und erzählt mit ergänzenden Exponaten die Geschichte des einstigen Kraftwerkstandortes Lübbenau. Rummel und Zirkus lassen sich heute an anderen Orten in der Stadt nieder.
10. Vom »Sportzentrum« zum Spreewaldsportpark
Die Lübbenauer Betriebssportgemeinschaften »Aktivist« und »Turbine« schlossen sich 1963 zur neuen Turn- und Sportgemeinschaft (TSG) Lübbenau zusammen. Viele der im Schnitt nicht einmal 30 Jahre alten Einwohner Lübbenaus waren zu dieser Zeit sportlich aktiv. Immer wieder wurde das Mitte der 70er-Jahre fertiggestellte Sportzentrum im Laufe der Zeit modernisiert, mit einer Kunstrasenfläche, einer Skateanlage und Flutlicht ausgestattet. Das größte Event fand 1989 mit einem Pokalspiel der TSG gegen den mehrfachen DDR-Meister Berliner Fußballclub Dynamo statt. Zum Spiel kamen damals rund 3.500 Zuschauer. Im Jahr 2009 errang Lübbenau/Spreewald mithilfe vieler Einwohner den Titel »Deutschlands aktivste Stadt«. Die inzwischen veralteten Vereinsräume sollen mittelfristig durch ein zentrales Sportparkzentrum ersetzt werden.
11. Von der Kinderkombi 1 zum Dschungelspielplatz
In der Dr.-Albrecht-Schweitzer-Straße eröffnete im März 1968 die erste sogenannte »Kinderkombination« Lübbenaus, die zweite im damaligen Bezirk Cottbus. In jeweils einem Gebäude waren die Kinderkrippe und der Kindergarten untergebracht. Ein Verwaltungstrakt mit Wirtschaftsraum und Küche verband beide Gebäudeteile. Der Vorteil: Kinder mussten sich beim Übergang von der Krippe zum Kindergarten nicht besonders umgewöhnen; Eltern wussten ihre Kinder verschiedenen Alters gut an einem Ort aufgehoben. Der starke Geburtenrückgang und erhöhter Sanierungsbedarf führten Ende der 1990er-Jahre zur Schließung – kurz darauf folgte der Abriss. Die zur Kinderkombination gehörende Stele ziert noch heute das Gelände, auf dem sich der Dschungelspielplatz und ein Parkplatz befinden.
12. Vom Wohnblock zu Reihenhäusern
Als 1957 der Bebauungsplan für die Lübbenauer Neustadt erstellt wurde, war eine Bebauung in westliche Richtung nur bis zur August-Bebel-Straße vorgesehen. Doch Kraft- und Braunkohlenwerk benötigten weitaus mehr Beschäftigte, als damals erwartet. Das zog auch einen höheren Wohnungsbedarf nach sich. Kurzerhand wurde der Bebauungsplan so verändert, dass die Neustadt weiter gen Westen wuchs. 1965 entstanden in dem Zuge auch diese Plattenbauten mit vier Wohnungen pro Eingang und Etage. 2004 wurden die Blöcke – kaum wiederzuerkennen – nach dem Rückbau der beiden oberen Etagen zu zehn anspruchsvollen Reihenhäusern mit zwei Wohngeschossen, Keller und Garten umgebaut. Die einzelnen Häuser sind durch die variierende Dachhöhe gut wahrnehmbar.
13. Von der »Luna Kaufhalle« zum Geschäftssitz der GWG
1966 eröffnete in der Straße der Einheit eine neue Kaufhalle. Sie trug, wie auch die benachbarte Gaststätte, den Namen »Luna« – offenbar angelehnt an die zeitgleich zur Eröffnung durchgeführte Luna-Mission der Sowjetunion. Für die Bewohner der Neustadt verkürzten sich dadurch die Einkaufswege. Die Kaufhalle existierte bis weit nach der Wende und schloss schließlich 1996. Danach wurden hier noch Fleisch, Backwaren und Blumen von Einzelhändlern verkauft. Ab dem Jahr 2000 stand die Halle leer und wucherte zu. 2015 sanierte die Gemeinschaftliche Wohnungsbaugenossenschaft der Spreewaldstadt Lübbenau eG (GWG) das Gebäude. Nach umfangreichen Umbauten ist es heute der multifunktionale und barrierefreie Geschäftssitz der Genossenschaft. Das stadtbildprägende Aussehen ist unter anderem durch die großen Glasfronten auf der Eingangsseite erhalten geblieben.
14. Vom Wohnblock zur »Grünanlage Ententeich«
Beim Streifzug durch die Neustadt fallen viele beschauliche Parks auf. Idyllische Grünanlagen, wie die des kleinen Ententeiches in der Straße der Einheit, verlocken zum Verweilen. Nicht immer war es hier so grün, war zwischen den Wohnblöcken so viel Platz wie heute. Als die Häuser in den 1960er-Jahren gebaut wurden, mussten möglichst viele Menschen untergebracht werden. Deshalb waren Freiflächen knapper – Zweckmäßigkeit statt Umfeldgestaltung. Die blühende Außenanlage mit Spazierwegen, Bänken und dem Ententeich ist erst durch den Abriss eines kompletten Wohnblocks 2002 entstanden. Zeitgleich wurden hier nach der politischen Wende Gebäude umfangreich saniert, Grundrisse verändert, Balkone hinzugefügt und Hauseingänge überdacht. Ein Meilenstein in der erfolgreichen Stadtentwicklung.
15. Vom Erbbegräbnis über die Brachfläche zur Erinnerungsstätte
Die Fläche des ehemaligen Erbbegräbnisses findet sich an der Straße des Friedens, südlich des Alten Friedhofs der Lübbenauer Kirchengemeinde. Hier wurden von 1839 bis 1955 Familienmitglieder der Grafen zu Lynar beigesetzt. Auf Initiative der 1992 in Lübbenau zurückgekehrten Familie wurde in Zusammenarbeit mit der Stadt das 1964 zerstörte ehemalige Erbbegräbnis wieder kenntlich gemacht. Nach Entwürfen des Stadtplaners Werner Hillmann legte man 2012 die Fundamente der alten Umfassungsmauern frei, so dass der Grundriss sichtbar ist. Im Innenraum wurde das Wegekreuz mit der Allee wieder hergestellt. Die Umrandungssteine der neuen Umfriedung tragen die Aufschriften »ERINNERN«, »GEDENKEN», »MAHNEN« und »VERSÖHNEN«.
16. Vom Hochhaus II zur Grünanlage
Das Hochhaus II wurde 1967 bezogen. Um möglichst viele Menschen auf einer kleinen Fläche unterzubringen, hatte es 14 Etagen und damit ein Stockwerk mehr als das Hochhaus I am Roten Platz. Verschiedene Geschäfte im Erdgeschoss machten 1972 einer Sparkassen-Filiale Platz. Sinnbild für jene Zeit war ein ausgesprochener Kinderreichtum, wie das Ende der 60er-Jahre aufgenommene Bild zeigt. Nach der politischen Wende kehrte sich die Situation um: Wegen des Bevölkerungsrückgangs war der Wohnungsleerstand so hoch, dass man beschloss, das Hochhaus II abzureißen. Eine anderweitige wirtschaftliche Verwendung war seinerzeit nicht realisierbar. Das geschah im April 2005.
17. Von der Brachfläche zum »Zeitlos-Spiele-Park«
In den 60er-Jahren entstand auf dem Gelände der heutigen Parkfläche eine Wochenkrippe für die Kinder der Kraftwerks-Schichtarbeiter. In dem länglichen Zweigeschosser konnten sie auch nachts und am Wochenende betreut werden, wenn die Kindergärten ansonsten geschlossen hatten. Nach der politischen Wende wurde der Bau abgerissen. 2009 wurde die zwischenzeitliche Brachfläche im Rahmen eines Modellprojektes (Experimenteller Wohnungs- und Städtebau – ExWoSt) zum »Zeitlos-Spiele-Park« – einem Treffpunkt für alle Generationen. Die Anlagen reichen von einem Trampolin über einen Beintrainer bis hin zum Schachtisch und Trinkbrunnen. Passend dazu sind die benachbarten Wohnblöcke so saniert worden, dass sie sowohl barrierearm sind, als auch Familien mit Kindern Komfort bieten. Ein echtes Nachbarschaftsprojekt!
18. Vom Kindergarten Lea Grundig zur Kita »Diesterweg«
Seit 1958 befand sich auf dem Gelände ein Eisenbiegeplatz für die Betonplatten der neuen Wohnblöcke der Neustadt. Eine Baracke diente damals als Bauküche und Aufenthaltsraum für die Arbeiter. Später zog darin eine Verkaufsstelle ein. 1967 wurde das flache Haus zum Kindergarten umgebaut, der noch im gleichen Jahr unter dem Namen »Lea Grundig« – eine Dresdener Malerin – öffnete. Im Jahr 2006 schloss der sanierungsbedürftige Kindergarten seine Pforten, auch weil die Kinderzahlen zurückgingen. Mit seinem Abriss 2008 verschwand eines der letzten Relikte der Neustadt-Aufbauphase. Heute befindet sich an ungefähr gleicher Stelle die 2012 eröffnete Kindertagesstätte (Kita) »Diesterweg« – Adolph Diesterweg war ein deutscher Reformpädagoge.
19. Von der Tanzgaststätte »Glück Auf« zum »Einkaufszentrum Kolosseum Spreewald«
1977 eröffnete die Tanzgaststätte »Glück Auf« in Lübbenaus Neustadt. Da ein Großteil der Einwohner im Bergbau tätig war, entschied man sich als Namensgeber für den Gruß der Bergleute. Kombiniert waren in dem Haus eine Gaststätte sowie ein 270 Plätze zählender Gastraum, der durch eine Schiebetür geteilt werden konnte. Darin fanden neben wöchentlichen Tanzveranstaltungen, Betriebs- und Schulfeiern auch die Schulspeisung für die nahegelegenen Einrichtungen statt. 1991 musste das Haus schließen. Die neuen, nunmehr kostendeckenden Preise, ließen die Gäste fernbleiben. Zwei Jahre darauf wich das »Glück Auf« dem neuen Einkaufszentrum Kolosseum und seinem benachbarten Parkhaus.
20. Vom Wohnblock zum Geschäftssitz der WIS
Einem der letzten unsanierten Wohnblöcke der Lübbenauer Neustadt nahm sich die WIS Wohnungsbaugesellschaft im Spreewald mbH in den Jahren 2016/2017 an. Im Zuge der Neugestaltung des Quartiers »Neue Freundschaft« baute sie den typischen Lübbenauer Plattenbau P1, Baujahr 1962, zu ihrem neuen Geschäftssitz um. Aus einst 48 einzelnen Mietwohnungen ist ein multifunktionales und barrierefreies Gebäude entstanden. Eine Photovoltaikanlage, die aus Sonnenenergie Strom produziert, sowie zahlreiche energetische Verbesserungen sorgen für einen geringen Energieverbrauch. Die oberste Etage des viergeschossigen Hauses wurde komplett abgetragen und durch eine aufwändige Holzständer-Konstruktion ersetzt. Sie bietet Veranstaltungsräume für Mieterversammlungen oder Seminare.
21. Von Wohnblöcken zu Stadthäusern
Die vier Wohnhäuser der »Neuen Freundschaft« waren einst typische Lübbenauer Plattenbauten aus den frühen 1960er-Jahren. Jeder Block war gleich aufgeteilt: Es gab drei Eingänge, vier Etagen und vier Wohnungen pro Stockwerk. Ein Haus umfasste somit 48 Wohnungen. Nach dem Ende des Kraftwerks- und Tagebaubetriebes machte sich auch hier der Leerstand breit. 2011 begannen die Sanierung und der Umbau der Wohnblöcke. Teilweise wurde ein Aufgang herausgenommen, die Wohnflächen vergrößert und mit Balkonen und Dachterrassen ausgestattet. So haben die Häuser keine Ähnlichkeit mehr zu ihrem Vorgänger. Im Rahmen des Projektes »Gepflegt WOHNEN« sind in einem Stadthaus zudem barrierefreie Wohnungen mit Aufzug und in einem Anbau Gemeinschaftsräume und eine Tagespflege entstanden.
22. Vom »Haus der Dienstleistungen« zum »Haus der Harmonie«
Als »Haus der Dienstleistungen« wurde das Gebäude im Mai 1974 in der Straße der Jugend errichtet, Gerüchten zufolge ohne Baugenehmigung. Hier konnten technische Geräte ebenso wie Dinge des Alltags – von Regenschirmen bis zu Strumpfhosen – zur Reparatur abgegeben werden. Zudem gab es eine Wäscherei-Annahmestelle und eine Schneiderei – allesamt nützliche Dienstleistungen für die wachsende Bevölkerung der Lübbenauer Neustadt. Nach der Wende befanden sich ein Second-Hand-Shop und ein asiatisches Restaurant in dem maroden Zweigeschosser. 2009 folgte die notwendige Sanierung. Seitdem beherbergt das »Haus der Harmonie«, wie es inzwischen heißt, wieder verschiedene Dienstleister und ist ein beliebter Ort der Begegnung.
23. Vom Hochhaus I zum »Spreewaldhaus«
Das 1965 fertiggestellte Hochhaus I stellte den Mittelpunkt des ersten Wohnkomplexes der Lübbenauer Neustadt dar. Es war bei seinem Bezug nicht nur das höchste Wohngebäude Lübbenaus, sondern auch das Wahrzeichen der Neustadt. Ursprünglich sollte es noch höher werden. Doch die Beschaffenheit der unteren Etagen lies das nicht zu. Unweit des Dreizehngeschossers war als Begegnungs- und Einkaufszentrum der »Platz des Friedens« entstanden. Die Freifläche war mit rotem Split ausgelegt, wodurch er zu dem Namen »Roter Platz« kam. Heute heißt das einstige Hochhaus I »Spreewaldhaus«. Es ist immer noch Sichtmarke der Neustadt. Die Fassade ist erneuert und neue Wohnungszuschnitte sind entstanden. Eine Concierge sorgt für das Wohlbefinden der Bewohner. Im Jahr 2010 erhielten die WIS Wohnungsbaugesellschaft im Spreewald mbH und das Architekturbüro Zimmermann und Partner für die Sanierung und Nutzung dieses Gebäudes den Deutschen Bauherrenpreis.
24. Vom Lehrlingswohnheim BKW »Jugend« zur Streuobstwiese
Das VEB Braunkohlenwerk (BKW) »Jugend« besorgte dem Kraftwerk nicht nur brennbaren Nachschub, sondern bildete auch jungen Nachwuchs aus. 1965 begann die Ausbildung für rund ein Dutzend Bergmannsberufe. Kurz darauf stieg die Zahl der Lehrlinge auf fast 350 an. Ein Großteil von ihnen war in dem 1973 fertiggestellten Internatsgebäude in der Beethovenstraße untergebracht. Es war mit Fernseh-, Klub- und Hausaufgabenräumen modern eingerichtet. 1977 kamen dort noch Räume für die theoretische Ausbildung hinzu. Mit dem absehbaren Ende des Kraftwerksbetriebes ab 1990 und der damit einhergehen Stillegung der Braunkohlentagebaue wurde das Gebäude überflüssig, stand leer und wurde zum Schandfleck. 2007 kam es zum Abriss. Auf dem Gelände befindet sich heute eine Streuobstwiese.
25. Von der POS III Gerhart-Eisler zum Treffpunkt »Lübbenauer Fenster«
Die Polytechnische Oberschule (POS) III nahm zum Schuljahresbeginn 1963 ihren Betrieb auf. Sie war Lübbenaus erste in Plattenbauweise errichtete Schule und besaß einen Speisesaal mit Küche. Die POS verband den Schulunterricht mit einer praktischen Ausbildung in Betrieben. Alle Lübbenauer Schulen waren chronologisch nummeriert, zeitweise existierten bis zu sieben POS parallel. Üblicherweise trugen die Schulen Namen von politischen Vorbildern – wie dem Journalisten und Politiker Gerhart Eisler. Nach der politischen Wende wurde aus der POS III eine Grundschule sowie die Jenaplanschule. Seit 2005 stand das Gebäude leer und wurde 2012 abgerissen. Eine Restmauer mit einem großflächigen Keramik-Wandmosaik des Grafikers Rudolf Sitte ist als Erinnerung an dem Standort geblieben. Die Rückseite wurde 2019 von Jugendlichen zum »Lübbenauer Fenster« umgestaltet.
26. Von der »Poliklinik« zum Medizinischen Zentrum Lübbenau
Als 1963 die »Poliklinik« eröffnete, zählte Lübbenau fast 15.000 Einwohner. Durch den Braunkohletagebau und das dazugehörige Kraftwerk wuchs die Stadt erheblich. Die medizinische Versorgung wurde in der neuen Einrichtung durch eine Apotheke und zu Anfang mit sieben Ärzten in den Bereichen Chirurgie, Gynäkologie, Zahnmedizin, Hals-Nasen-Ohren- und Augenheilkunde abgesichert, 1969 waren es bereits 21 Ärzte. Es gab eine eigene Kinderabteilung. Der Vorteil für alle Patienten lag auf der Hand: Wurden sie von einem Arzt zum anderen geschickt, mussten sie das Haus nicht verlassen. Nach der politischen Wende wurde aus der Poliklinik das Medizinische Zentrum Lübbenau, dessen Eigentümer die Stadt ist. Das breite Spektrum medizinischer Versorgung wird bis heute durch insgesamt 17 angestellte und niedergelassene Ärzte abgedeckt. Die zeitgemäße komplexe medizinische Versorgung ist ein Alleinstellungs- und Standortqualitätsmerkmal für Lübbenau/Spreewald.
27. Vom Freibad Lübbenau zum Spreewelten Bad
Im Juli 1989 eröffnete auf einer früheren Wiese an der Straße des Friedens ein neues Freibad – mehrere Jahre später als ursprünglich geplant. Es war unmöglich, unter den damaligen Umständen in der anvisierten Zeit genügend Baumaterial heranzuschaffen. Um das Bad trotz aller Schwierigkeiten im Sommer fertigzustellen, packte 1989 die ganze Stadt mit an: Betriebe halfen bei den Bauarbeiten, Sportler griffen zum Farbtopf, Schülergruppen brachten das Außengelände auf Vordermann. Der Badespaß – für damals gerade einmal 30 Pfennig – blieb jedoch nur kurz vergönnt: Schon fünf Jahre später wurde das Bad wieder geschlossen und sollte durch den Bau eines Freizeitzentrums ersetzt werden. Schließlich entschied man sich für den Bau einer Therme (Kristallbad). Heute ist es das Spreewelten Bad mit dem einmaligen Erlebnis »Schwimmen mit Pinguinen«. Dazu gehören die Spreewälder Saunalandschaft und ein 4-Sterne-Hotel.
28. Vom Jagdschloss Groß Beuchow zu Ferienwohnungen und Restaurant »Schloss Beuchow«
1746 wurden auf den Grundmauern einer slawischen Burganlage die Grundsteine für das Gebäude gelegt. Zunächst war es ein herrschaftlicher Sommerwohnsitz, das Jagdschloss der gräflichen Familie zu Lynar. Später diente die Schlossanlage als Wehrdienst- und Arbeitsdienstlager. Mit Kriegsbeginn wurde die gräfliche Familie ihres Schlosses enteignet. Den Krieg überstand das Gebäude unbeschadet. 1953 wurde im Schloss ein Kindergarten untergebracht, der erst 2003 wegen Baumängeln ausziehen musste. Anschließend stand das Gebäude leer. Im Jahr 2011 erwarb ein privater Käufer von den Grafen zu Lynar das einstige Jagdschloss, sanierte es umfassend und bietet seit 2016 Ferienwohnungen in dem historischen Gebäude an.
29. Vom »VEB Kraftwerke Lübbenau-Vetschau« zum Gewerbegebiet
Die jüngere Lübbenauer Geschichte ist eng mit dem früheren Braunkohlekraftwerk verbunden. Seit 1957 wurde der Bau des damals größten und modernsten Dampfkraftwerks Europas als Volkseigener Betrieb (VEB) geplant, mit dem die Stromversorgung für einen Großteil der DDR gesichert werden sollte. Lübbenau wurde wegen seiner Nähe zur Braunkohle sowie der Anbindung an Autobahn und Schiene ausgewählt. 1959 ging der erste von 16 Kraftwerksblöcken ans Netz, 1964 folgte die Gesamtfertigstellung. Fast 5.000 Menschen waren zu Spitzenzeiten in Kraftwerk und Tagebau beschäftigt. Verschlissene Anlagetechnik, neue Umweltstandards und die damit einhergehende fehlende Wettbewerbsfähigkeit führten nach der Wiedervereinigung dazu, dass das Kraftwerk bis 1996 schrittweise stillgelegt und in Folge abgerissen wurde. Auf dem Gelände befindet sich heute ein Gewerbegebiet.
30. Von der Jugendherberge Boblitz zu Kindergarten und Gemeinschaftszentrum
Als Mitte der 1920er-Jahre die Kreisverwaltung Calau nach einem geeigneten Standort für eine neue Spreewaldjugendherberge suchte, machte das Dorf Boblitz das Rennen. Der Ort war leicht erreichbar, aber lag doch abseits vom großen Verkehr. Und er war über ein Fließ an den Spreewald angeschlossen. 1926 öffnete die Herberge mit 15 Zimmern für 120 Personen erstmals ihre Tore. In den folgenden Jahren wurde sie um eine Bootshalle sowie einen Sportplatz erweitert. Zu DDR-Zeiten wurde das Gebäude zum Kinderheim umfunktioniert und so bis 2012 genutzt. Danach stand es leer. 2019/2020 wird das Haus umfassend saniert, spätere Anbauten abgerissen und das ursprüngliche Hauptgebäude mit Erweiterungen zu einem modernen Kindergarten mit Gemeinschaftszentrum ausgebaut.